Das gartenbauliche Konzept für den Heidelberger Bergfriedhof
- Am Anfang war ein Weinberg
- Die Fortführung und Erweiterung des Konzeptes
- Johann Christian Metzger (1789 - 1852)
- Literatur / Quellen
Am Anfang war ein Weinberg
Als der Entschluss feststand, wo der neue, überkonfessionelle Friedhof Heidelbergs angelegt wird, beauftragt die Behörde den Garteninspektor Johann Metzger, mit dem Entwurf eines gartenbaulichen Konzeptes und dessen Umsetzung.
Seine Aufgabe war keine leichte. Es handelt sich um “den Platz am Fuße des Gebirges gegen Rohrbach, an der Steige”.
Wie Metzger die Aufgabe meistert ist der Schrift “Mit Spaten und Feder” (2008) zu entnehmen.
Hier Auszüge aus dem Aufsatz von Hans-Martin Mumm “Den Begräbnisplatz als “schönen Hain und angenehmen Spaziergang” gestalten. Johann Metzgers Plan für den Heidelberger Bergfriedhof” (1841/1844), Seite 58-62.
Grundlage bildet die “Beschreibung des Plans” Metzgers vom 10. August 1841 (der Plan selbst gilt als verschollen).
Einleitend schreibt Metzger “Unter den hier obwaltenden Verhältnissen ist es eine schwierige Sache ein Project für einen Begräbnißplatz zu entwerfen, das allen Anforderungen entsprechen und alle Ansichten und Wünsche befriedigen wird.”
Das Grundkonzept formuliert Metzger so: “Die älteren gewöhnlichen Kirchhöfe ( … ) sind schauerregend (sic) und stellen den Tod in gräßlicherer Gestalt vor als er wirklich ist, und es dürfte daher an der Zeit sein, darauf Bedacht zu nehmen, unserem Friedhof eine der Würde und dem Gefühl des Menschen entsprechende Gestaltung zu geben und denselben namentlich durch künstliche Pflanzungen und Weganlagen mehr in trauliche Spazierwege umzuwandeln suchen.
Nur auf diese Art werden wir gerne die Ruhestätten unserer Verstorbenen besuchen und dadurch gleichsam mit ihnen im Verkehr fortleben.
Diesem zu entsprechen ( … ) haben wir die bisher üblichen architektonische Ausführung der Kirchhöfe ganz aus dem Auge gelassen und die Behandlung des neuen Friedhofs im landschaftlichen und natürlichen Stile vorgezogen wodurch der hierzu bestimmte Hügel in einen schönen Hain und angenehmen Spaziergang umgewandelt.”
Der Friedhof soll nur an wenigen Stellen Stützmauern erhalten, diese sollen “von rauen Steinen” sein und ein “malerisches Aussehen” erhalten (heute noch im Bereich Litera C, D und E zu erkennen), ansonsten soll der Friedhof eingefasst werden “durch einen lebendigen Zaun und Gitterwerk nach Art der Einzäunung unseres landwirtschaftlichen und botanischen Gartens.” Der Friedhof soll zwei Tore (Steigerweg) erhalten.
Der Bereich innerhalb des Friedhofs entlang der Einzäunung ist reserviert für “Aufnahme verkäuflicher Grabstätten und Aufstellung von Monumenten” (Familiengrabstätten). Weiter beschreibt Metzger “malerische Baumgruppen” zur “Decoration” die ein “himmlisches Dunkel” über die Grabmale legen. Das gesamte Friedhofsgelände soll “in einen traulichen Hain umgewandelt” werden. Die Gräber der einzelnen Gräberfelder sollen, wie es später die Friedhofsordnung vorsieht, nicht als Hügel erkennbar sein “sondern mehr geebneten Blumenbeeten gleichen”. Grabzeichen aus Stein und Einfassungen sind nicht erlaubt. Auf der höchsten Stelle des Friedhofsgeländes soll die Kapelle stehen – nach den Plänen des Stadtbaumeisters Jakob Julius Greiff errichtet.
Die Fortführung und Erweiterung des Konzeptes
Bei der ersten Erweiterung des Friedhofs um 1860, es ist Gelände in die Ebene hinein angekauft worden, folgt man den Plänen des Stadtbaumeisters Philipp Reichardt. Reichardt führt das Konzept Metzgers fort und behält die geschwungene Wegeführung bei.
Die Familienkaufgräber liegen weiter am Rand der Gräberfelder und Brunnen, Mauerwerk und dergleichen sind weiterhin aus “natürlichen” Materialien. Auch das Anpflanzen von Bäumen und Gehölz in reichlicher Zahl wird beibehalten. Der neue Eingangsbereich über die große Eisengraingasse (heute Anna-Platz) wird großzügig als “Parkeingang” angelegt.
- Bergfriedhof - Teilansicht Litera K - Die letzte Ruhestätte von K. Leimbach befindet sich im Bereich rechts neben der Bank, das Grabmal wurde abgeräumt
Die zweite große Erweiterungsphase beginnt um 1890. Es wird jetzt auch Gelände oberhalb des Friedhofs am Hang gelegen, in einem breiten Streifen angekauft. Dieses Gebiet, größtenteils Geländeterrassen eines ehemaligen Weinberges, werden von Anfang an ausschließlich für Familiengrabstätten genutzt.
Das gartenbauliche Konzept entwirft der Vorsitzender der Friedhofskommission, Stadtrat Karl Leimbach (1837-1900). Der Gartenbauplan Leimbachs von 1893 lautete vereinfacht: nicht in die natürlichen Gegebenheiten des Geländes eingreifen sondern den Vorgaben folgen. Was Metzger schon in der Ebene und am unteren Hang berücksichtigte, setzt Leimbach “im Gebirge” fort. Allerdings sind aus Metzgers “traulichen Spazierwegen”, nun Wanderwege geworden.
Der Ankauf von derart schwer nutzbar zu machenden – aber dem Konzept Metzgers entgegenkommenden – Geländes, hatte übrigens einen eher profanen Grund: eine Vergrößerung des Friedhofs in ausreichendem Maße war nur durch Zukauf von Hanggelände möglich. Ohne den Ankauf hätte der Friedhof wegen “Vollbelegung” geschlossen werden müssen. Letztlich gab der Bekanntheitsgrad des Friedhofs den Ausschlag, ihn weiter zu nutzen.
Weitere Zukäufe folgten bis hoch in das Waldgebiet. Das gartenbauliche Konzept berücksichtigten in den 20er Jahren auch der Vorsitzende der Friedhofskommission, Stadtrat Ernst Atzler unter der Mitwirkung von Friedhofsverwalter Götz und in den 30er Jahren der Oberbaurat Haller.
Mit der Zeit werden die Gräberfelder in Bereiche für Familiengrabanlagen/Kaufgräber umgewandelt – der Parkcharakter ist geblieben
Der Höhenunterschied beträgt jetzt über 100 Meter, Bäume und Gehölze dominieren weite Teile das Geländes. Eine Beschreibung, die dem ehemaligen “Friedhof an der Steige”, heute Bergfriedhof, gerecht wird, kann es nicht geben – der Friedhof ist zu außergewöhnlich.
Besonders beeindruckend ist die Tatsache, dass trotz der vielen Zukäufe von Gelände über einen Zeitraum von fast 100 Jahren und der demzufolge vielen Personen, die mit der Gestaltung des Geländes beauftragt wurden, der Friedhof in sich ein stimmiges Bild vermittelt – eine Einheit bildet – ein Gesamtkunstwerk ist.
Johann Christian Metzger (1789 - 1852)
Metzger hat nie studiert, seine Anstellung an der Universität Heidelberg im Jahre 1812 trat er mit 23 Jahren als gelernter Gärtner an. Doch der Gartenbau mit all seinen Facetten hatte seine höchste Aufmerksamkeit. Als Autodidakt in Theorie und Praxis eignete er sich ein Wissen an, dass ihm – ab 1830 als Garteninspektor und ab 1843 als Gartendirektor – größtes Ansehen einbringt. Zuständig war Metzger für den Botanischen Garten der Universität und die Schlossanlage, mitverantwortlich oder in Eigenverantwortung nimmt er an der Planung und Umsetzung wichtiger gärtnerischer Projekte in Heidelberg und Umgebung teil. Daneben lehrt er Gartenbau an der Universität. Die Anlage eines neuen kommunalen Friedhofs in Heidelberg ist eines dieser Projekte – und dazu eines, dass heute noch als Heidelberger Bergfriedhof seine Aufgabe in allen Bereichen erfüllt. Vieles, was Metzger einst geschaffen hat, ist nicht erhalten.
Metzger wirkt 39 Jahre in Heidelberg, bis er im März 1851 nach Karlsruhe übersiedelt, wo er Aufgaben bei der Zentralstelle des landwirtschaftlichen Vereins für das Großherzogtum Baden übernimmt. Außerdem wird ihm die Leitung des von Heidelberg nach Karlsruhe verlegten landwirtschaftlichen Gartens übertragen. Während eines Kuraufenthaltes in Wildbad erleidet Johann Metzger einen Schlaganfall und stirbt am 15. September 1852.
1851 erhält Johann Metzger ein Denkmal, dass sein Schaffen in Heidelberg in dankbarer Erinnerung halten soll. Folgender Spruch ist in die Front des Granitfindlings eingehauen:
ZUM DANKBAREN ANDENKEN / AN GARTENDIREKTOR / JOH. METZGER / ER WIRKTE / UNERMÜDLICH / SINNIG UND ERFOLGREICH / FÜR DIE VERVOLLKOMMNUNG / UNSERES LANDBAUS / UND FÜR DIE VERSCHÖNERUNG / DER UMGEBUNGEN / UNSERER STADT / 1851
Das Denkmal für Johann Metzger wird im damaligen, von Metzger 1834 angelegten, Botanischen Garten (Bereich Deutsch-Amerikanisches Institut/Hauptpostamt) aufgestellt, vermutlich ist zu der Zeit eineTafel mit der zitierten Inschrift in den Granitfindling eingelassen. Heute steht das Denkmal im Heidelberger Stadtgarten (Bereich Friedrich-Ebert-Anlage, gegenüber vom Hotel Europäischer Hof). 1850 hatte Metzger den von ihm 1830 angelegten Versuchsgarten des Landschaftlichen Vereins nebst dem auch von ihm angelegten und sich entlang der Leopoldstraße (heute Friedrich-Ebert-Anlage) anschließenden Neptungarten (später Seegarten) zu einem “Volkspark” umgestaltet.
Auf einem Plan von 1874 (Stadtarchiv, B 160, Plan 28; siehe Rinck 2008, S. 46) wird der auf dem Plan sichtbare Bereich gegenüber dem Europäischen Hof immer noch “Landwirtschaftlicher Garten” genannt. Danach muss sich wohl der Neptungarten/Seegarten entlang der Leopoldstraße (heute Friedrich-Ebert-Anlage) angeschlossen haben und der heutige Stadtgarten ist grundständig aus dem Landwirtschaftlichen Garten hervorgegangen.
Jedenfalls steht der Gedenkstein Johann Metzgers auf den Resten einer von ihm entworfen und angelegten prachtvollen Parkanlage entlang der damaligen Leopoldstraße. Vielleicht will er uns sagen, dass die Innenstadt Heidelbergs an dieser Stelle dringend wieder einen schönen Park in beruhigter Verkehrslage benötigt – das gartenbauliche Konzept liegt bereits vor und hat sich dereinst bewährt.
Johann Metzgers zahlreiche Ämter, Auszeichnungen und Ehrungen sind auf der Internetseite des Heidelberger Geschichtsvereins nachzulesen
Metzgers Publikationen fanden überregionale Beachtung. Ein Werkverzeichnis finden Sie bei Rink 2008 und auf der Internetseite des Heidelberger Geschichtsvereins
Beide Quellen dienten auch hauptsächlich für die weiteren Angaben zu Johann Metzger
Nachruf zu Metzger im Heidelberger Journal Nr. 224, 23. 9. 1852, S. 1
Nachzulesen auf der Internetseite des Heidelberger Geschichtsvereins
Literatur / Quellen
Claudia Rink, Hrsg.
Mit Spaten und Feder
Johann Metzger (1789 - 1852), Landschaftsarchitekt, Botaniker und Gestalter des Heidelberger Schlossgartens
in: Begleitheft zur Ausstellung im Universitätsmuseum Heidelberg vom 8. Juli bis 11. Oktober 2008, einer Veranstaltung des Heidelberger Geschichtsvereins in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Heidelberg
Upstadt-Weiher, Heidelberg, Basel 2008
Günter Schruft
Johann Metzger (1789-1852)
Gartendirektor und Weinbaufachmann
in: Momente. Beiträge zur Landeskunde von Baden-Württemberg, 4, S. 30.
Stuttgart 2004
Signatur Universitätsbibliothek Heidelberg: ZSA 737 C::2002-04
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